Gundula Wolter: Hosen, weiblich. Kulturgeschichte der Frauenhose. Jonas Verlag, Marburg 1994. 318 S., 227 s/w Abb., Pb.. ISBN: 3-89445-176-9 (vergriffen)

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Konfrontiert man Passanten mit der Frage, ob Frauen berechtigt seien, Hosen zu tragen, erntet man verständnislose Blicke, Erstaunen, Gelächter: „Das sehen Sie doch!“ oder „Selbstverständlich. Warum fragen Sie?“

Und doch ist dieses scheinbar so selbstverständliche Recht erst jüngsten Datums. Das „männliche Hosenprivileg“ war in unserem Kulturkreis viele Jahrhunderte lang unumstritten, Frauen, die sich „ein Recht auf Hosen“ anmaßten, die große Ausnahme. Symbolische Hosenaneignungen durch gegen männliche Vorherrschaft ankämpfende oder häusliche Machtverhältnisse auf den Kopf stellende Frauen waren in Europa seit dem späten Mittelalter bis zum ausgehenden 18. Jahrhundert ein beliebtes Motiv zur Visualisierung patriarchaler Machtstrukturen und ihrer Infragestellung. Relikte aus dieser Phase ausschließlich männlicher Konnotation des Kleidungsstücks finden sich noch heute in unserem Sprachgebrauch und führen vor Augen, dass Hosen eben bis vor Kurzem nicht nur Hosen waren, sondern für den Mann und seine gesellschaftliche Positionierung standen. Motto: Wer die Hosen anhat hat das Sagen, oder, nachdrücklicher: „Het de Fru de Buxen an, is de Mann en Dummerjahn!“

In diesem Buch geht es um die Frage wann, warum und auf welche Weise sich Frauen Westeuropas und Nordamerikas das bis heute augenfälligstes Kleiderattribut des Mannes aneigneten und welche Widerstände dabei zu überwinden waren. Hierbei richtet sich das Interesse nicht nur auf kleiderhistorisch interessante Fakten, sondern vor allem auf die Determinanten, die maßgeblich daran beteiligt waren, Hosen zu dem zu machen, was sie heute sind: ein nicht mehr exakt geschlechtlich zuzuordnendes Kleidungsstück für Frau und Mann.

Reflektiert wird ein Komplex, dem eine besondere Signifikanz für die Veränderungen in der Geschlechterrollenzuweisung zukommt. Es wird nachgefragt, warum Frauen Männerkleider zum Vorbild nahmen und inwieweit diese Adaptionen mit frauenemanzipatorischen Forderungen in Zusammenhang standen. Welche Vorteile versprachen sich Frauen von einer Annäherung an männliches Kleiderverhalten? Welche Folgen hatte die Übernahme von Erkennungsmerkmalen des anderen Geschlechts, und welche neuen Abgrenzungsmerkmale traten an die Stelle der alten? Oder verliert die geschlechtliche Kategorie an Relevanz, wird eine Differenzierung nach Geschlecht sogar überflüssig?

Dem Buch liegt eine vorrangig auf Primärquellen  — Zeitschriften, Modejournalen, Traktaten – basierende Untersuchung über die Geschichte der Frauenhose zugrunde, mit der die Autorin an der Freien Universität Berlin im Fachbereich Geschichtswissenschaft/Kunstgeschichte 1993 promoviert wurde.

© Gundula Wolter